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Volkstrauertag: Würdige Gedenkfeier in der Kirche und am Ehrenmal

Zum Volkstrauertag werden die Fahnen gesenkt und es wird der Toten, Verletzten, Verschleppten, Gedemütigten und Betroffenen von Krieg und Gewalt gedacht. Die Fahnen wehen in Dörfern und Städten auf Halbmast und das Lied vom “guten Kameraden” erklingt. So auch in Niedersfeld.

Am Morgen versammelten sich die Menschen in der Kirche und feierten mit Diakon Rudolf Kretzer einen Wortgottesdienst, der die Volkstrauer und die Hintergründe für diesen Gedenktag besonders zum Thema hatte. Nach dem Gottesdienst begleitete die Totenglocke den Trauerzug zum Ehrenmal. Angeführt von der Blasmusik Niedersfeld wohnten der Offizierscorps sowie Feuerwehrangehörige und weitere Niedersfelder/innen der Gedenkfeier bei. Major Jens Mantel legte im Auftrag der Stadt Winterberg einen Kranz am Ehrenmal nieder, Ortsvorsteher Christian Schmidt hielt die Ansprache (siehe unten).

Die würdige Gedenkzeremonie endete mit der Nationalhymne der Bundesrepublik Deutschland, bevor der Ehrenzug wieder zurück zur Kirche marschierte. Im Anschluss kamen die Schützen zu ihrer traditionellen Zusaammenkunft zusammen, im Feuerwehrhaus kamen weitere Teilnehmende zum kameradschaftlichen Austausch zusammen.

Einmal mehr eine Niedersfelder Veranstaltung, bei der viele Rädchen ineinandergreifen. Ortsvorsteher, Schützenbruderschaft, Freiwillige Feuerwehr, Blasmusik, Kirchengemeinde, Vereinsvertreter und Bürgerinnen und Bürger sowie Tontechniker und Einsatzkräfte der Feuerwehr, die kurzzeitig die Bundesstraße für den Ehrenzug sicherte, wirkten mit.

Ansprache Ortsvorsteher Christian Schmidt anlässlich des Volkstrauertages 2023:

Denise Bardet war Grundschullehrerin in der französischen Gemeinde Oradour-sur-Glane. Gern las sie Goethe, Schiller, Kleist und Heinrich Mann und vermittelte ihren Schülerinnen auch in Zeiten des Krieges ihre Bewunderung für die deutsche Literatur. Unlängst hatte sie, ihrer Mutter zuliebe, die Stelle an der örtlichen Mädchenschule angenommen.

Am 10. Juni 1944, wenige Tage nach der Landung der Alliierten in der Normandie, wurde Denise 24 Jahre alt. Ihren Geburtstag wollte sie am Abend mit ihren Kolleginnen feiern. Jedoch umstellte in den Nachmittagsstunden eine Kompanie des SS-Panzergrenadier-Regiments 4 „Der Führer“ das Dorf und ermordete die Männer, Frauen und Kinder.

Oradour-sur-Glane wurde zum Schauplatz des grausamsten Verbrechens der deutschen Besatzer in Westeuropa. In der Kirche des Dorfes wurden Denise Bardet, die 7- bis 8-jährigen Mädchen ihrer 2. Klasse und nahezu alle Frauen und Kinder des Dorfes mit weißem Phosphor erstickt, verbrannt oder erschossen.

Gegenüber des Altars, am Rande des Kirchenschiffs, erinnerte ein Gedenkstein an die Toten der Gemeinde aus dem Ersten Weltkrieg. Die Täter schossen auch auf die Erinnerungstafel. Die Einschusslöcher sind bis zum heutigen Tag zu sehen. Das Dorf wurde vollständig zerstört.

Der letzte Überlebende, Robert Hébras, ist vor wenigen Monaten gestorben. Am 10. Juni 2024 jährt sich der Tag des Massakers zum 80. Mal.

Auch nach zwei Weltkriegen und der Shoah haben sich extreme Gewalt, Massaker und Verbrechen gegen die Menschlichkeit immer wieder in die Geschichte Europas eingeschrieben. In den 1990er Jahren auf dem Westlichen Balkan, insbesondere mit der Belagerung von Sarajevo und dem Massaker in der „UN-Schutzzone“ Srebrenica.

In der Ukraine tobt seit 2014, insbesondere seit dem 24. Februar 2022, der Krieg. In Butscha und andernorts sichern Staatsanwälte die Spuren russischer Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Millionen von Frauen, Kindern und junger Menschen mussten ihre Heimat verlassen und haben auch in Deutschland und anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) Zuflucht gefunden. Bisweilen scheint es, als ob Menschen und Gesellschaften nicht aus der Geschichte lernen würden.

Doch die Jahrzehnte nach 1945 zeigten auch eines der größten politischen Wunder der Weltgeschichte: die europäische Einigung. Europa ist heute in weiten Teilen befriedet und beweist, dass vormalige Konfliktregionen auch nachhaltig zu stabilen, prosperierenden und demokratischen Friedensregionen werden können.

Mit 20 Jahren hatte Denise Bardet im Dezember 1940 in ihr Tagebuch geschrieben: „Es könnte doch alles so einfach, so gut, so angenehm sein! Werden die Menschen denn nie ihr Paradies auf dieser Erde errichten? Arme Verrückte, die sich unnütz verschwenden. So viele Reichtümer schlummern in ihnen, doch sie ignorieren, begraben das, um ihre gemeinen und schädlichen Gedanken der Zerstörung walten zu lassen! Wie wäre die Welt schön und lebenswert, wenn jeder nur seine guten Neigungen in sich erblühen lassen könnte!“

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